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Die Stadt mit der roten Pelerine


Rio de Janeiro — die Stadt des Samba, der Lebensfreude, über der eine monumentale Christus¬statue thront. Doch der erste Blick trügt, denn inmitten dieses scheinbaren Idylls liegt das Elend. Armut, Drogen und Kor¬ruption gestalten den eigent¬lichen Alltag. Die junge Türkin özgür hat es vor mehr als zwei Jahren in die brasilianische Stadt verschlagen, und seither lässt sie Rio nicht mehr los. Gefangen in der tropischen Hitze und Zeugin der unmenschlichen Lebensbe¬dingungen, erfährt özgür ihre eigenen Grenzen. Da sie ange¬sichts dieses Leides unfähig ist zu sprechen, beginnt sie das Buch „Die Stadt mit der roten Peleri—ne” zu schreiben. Dieses setzt sich aus teils autobiographischen Erlebnissen zusammen und ist mitten in die Erzählung über Öz¬gür eingeflochten. Der von Hun¬ger geprägte Alltag, die erfolglo¬sen Liebschaften und die immer stärker werdende Einsamkeit verschmelzen zu einer Mischung aus Wirklichkeit und Fiktion.
und für die Schöpfung ihrer fiktiven Doppelgängerin Ö. «Ich schreibe über das Gefühl, im Exil ein absoluter Aussenseiter zu sein», sagt Asli Erdogan in einem Interview mit dem Sender 3sat, «über die vollkommene Unfähigkeit, mit der fremden Umwelt zu kommunizieren». Erdogan hat, man ahnt es, den Überlebenskampf in der Megacity selbst erlebt und daraus «Die Stadt mit der roten Pelerine» geschaffen. Im Dezember erscheint ihr Erstling «Der wundersame Mandarin» — die Geschichte einer jungen Türkin in Genf — auf Deutsch. sverlag
Aslý Erdoðan schafft mit ihrer Protagonistin özgür, deren Na¬me eigentlich „die Freie” bedeu¬tet, eine zwiespältige Frau. In der Welt Rios ist sie eine Weiße, eine Turca, eine Gringa. Trotzdem fühlt sie sich der Stadt zugehörig. Ihr Ziel ist es, den Tod zu über¬winden, doch der Tod lauert an allen Ecken Rios. Apathie und Manie wechseln einander in der Persönlichkeit Özgürs ab. Inmanchen Momenten möchte man sie aufrütteln und überzeu¬gen, wieder nach Hause zu fah¬ren, dann aber möchte man sie wieder trösten, weil die Welt so ist, wie sie ist. Dennoch: Aslý Er¬dogan hat eine intensive Lektüre geschaffen, die die Lesenden in ihren Bannkreis zieht. Die Ge—schichte der jungen Türkin be¬rührt durch ihre direkte Erzähl¬weise, nichts wird geschönt, alles so beschrieben, wie es ist. So wie das Leben sein kann oder so wie es ist. Poetisch, grausam, behut¬sam, realistisch.

5.11.2008
GERMANY
Ruth Papacek


 

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